Forensische Bildgebung im Fokus

Die neugegründete Arbeitsgemeinschaft Forensisch-Radiologische Bildgebung (AG FRB) in der Deutschen Röntgengesellschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die diagnostische und wissenschaftliche Qualität in diesem Themenfeld zu fördern. Im Interview berichtet der Vorsitzende der AG, PD Dr. Joel Aissa, von den Plänen der Arbeitsgemeinschaft.

Herr Dr. Aissa, weshalb engagieren Sie sich in der AG FRB?

Dr. Aissa: Schon sehr früh in meiner beruflichen Ausbildung habe ich mit forensischen Fragestellungen Kontakt gehabt. Hierbei hat mich besonders das breite Spektrum an Anwendungsgebieten und Anforderungen gereizt: Zunächst war da die Altersbestimmung durch bildgebende Verfahren, zu der in meiner Weiterbildung zum Kinderradiologen der Ausschluss von Kindesmisshandlung hinzukam. Des Weiteren arbeite ich daran, die Diagnose des intrakorporalen Transports von Drogen (so genanntes Body Packing) sicherer und dosisoptimierter zu gestalten. Dies sind alles spannende Fragestellungen, die mich persönlich auch deswegen interessieren, weil sie wenig schematisch sind und oft auch Aspekte berühren, die über das rein medizinische hinausgehen. Aufgrund meiner bisher gemachten Erfahrungen ist es mein Ziel, die postmortale Computertomografie als einen zusätzlichen Standard in der Radiologie zu etablieren. Die forensische Radiologie ist aktuell aber über unterschiedlichen Teilbereichen der Radiologie verstreut und besitzt keinen übergeordneten Rahmen. Dies ist aber Voraussetzung, um dieses Feld geordnet weiter zu entwickeln. Aus meiner Sicht ist eine Zusammenführung dieses Spektrums hin zur Forensischen Bildgebung wichtig. Daher der Impuls zur Gründung einer eigenen Arbeitsgemeinschaft.

Welches Thema liegt Ihnen besonders am Herzen?

Wie ich es eben schon habe anklingen lassen, ist dies die postmortale Computertomografie. Diese ist noch sehr jung und hat in den letzten Jahren eine extrem spannende Entwicklung vollzogen. Mittlerweile ist sie auch im deutschsprachigen Raum flächendeckend vorhanden. Anders als in der Rechtsmedizin fehlt es aktuell in der Radiologie aber an einem Austausch der radiologischen Akteure untereinander. Daher ist mein primäres Ziel, ein Bindeglied zwischen diesen radiologischen Instituten zu schaffen, um die Diagnostik und Wissenschaft in der postmortalen CT auf das nächste Level zu bringen und die diagnostische Qualität zu stärken.

Auf welche Projekte richten Sie aktuell Ihr besonderes Augenmerk?

Nach der Gründung liegt sicherlich erstmal die Priorität in der Sichtbarkeit der neuen Arbeitsgemeinschaft. Interessierte Kollegen sollten uns demnächst über die gängigen DRG-Kanäle wie zum Beispiel die Webseite finden können. Zudem werden wir am 10. September eine eigene Session „Forensische Bildgebung“ auf dem RÖKO DIGITAL anbieten. Hier wird der Fokus auf den Themen Battered Child und PMCT liegen. Unsere Kernaussagen sollen dann durch viele interessante und kurzweilige Fallbeispiele transportiert werden. Langfristige Anliegen der Arbeitsgemeinschaft sind Protokollempfehlungen Strukturierte Befundung bei PMCT, die Diagnostik bei der Kindesmisshandlung sowie die Förderung wissenschaftlicher Arbeiten.

Gibt es dabei besondere Herausforderungen?

Die forensische Bildgebung funktioniert in der Regel in enger Zusammenarbeit mit der Rechtsmedizin. Die erhobenen radiologischen Befunde auf z.B. Tathergang oder Todesursache können nur mithilfe einer fundierten rechtsmedizinischen Ausbildung auch angewendet werden. Daher sind wir sehr glücklich darüber, dass die frisch gegründete Arbeitsgemeinschaft mit Frau Prof. Dr. Grabherr eine Kollegin in den Vorstand kooptieren konnte, die über ihre Rolle als 1. Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) diese Brücke schlägt und nun unsere gemeinsame Arbeit verbindet.